Rücken einer Frau, die mit ihren Händen ihren Rücken stützt
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Wenn die Bandscheibe sich vorwölbt

Bandscheibenprotrusion: Symptome und Therapie der Vorwölbung

Von: Miriam Funk (Redaktionsleitung und Physiotherapeutin), Sarah Baumann (Medizinredakteurin und Biologin)
Letzte Aktualisierung: 06.03.2020

Die Bandscheiben, von denen sich in der Wirbelsäule normalerweise 23 befinden, bestehen aus einem gallertigen Kern, welcher von einem stabilen Faserring umgeben ist. Bei einer Bandscheibenprotrusion oder Vorwölbung handelt es sich um eine Art inkompletten Bandscheibenvorfall.

Bei einer Bandscheibenprotrusion (Vorwölbung) tritt im Gegensatz zu einem Prolaps (Bandscheibenvorfall) kein Material aus dem Faserring der Bandscheibe aus. Die Bandscheibenprotrusion ruft daher – wenn überhaupt – meist "nur" Wirbelsäulensymptome hervor. Sie kann so zum Beispiel zu den typischen Rückenschmerzen bei einem Hexenschuss führen. Je nach Lage der Vorwölbung und der betroffenen Bandscheibe haben Menschen mit Bandscheibenprotrusion überhaupt keine Beschwerden, die Schmerzen treten örtlich begrenzt im Rücken auf oder sie strahlen aus.

Ursachen und Folgen der Bandscheibenprotrusion

Eine Protrusion der Bandscheibe kann in jedem Abschnitt der Wirbelsäule passieren – in Hals- (HWS), Brust- (BWS) und Lendenwirbelsäule (LWS). Mit weitem Abstand am häufigsten betroffen ist aber, genau wie beim Bandscheibenvorfall, die Lendenwirbelsäule. Das liegt zum einen an der natürlichen Krümmung des unteren Rückens sowie starken Belastungen auf diesen Bereich, zum Beispiel beim Heben.

Die Ursachen einer Bandscheibenprotrusion ähneln den Auslösern des kompletten Bandscheibenvorfalls. Oft spielen Fehlbelastungen eine Rolle, aber auch falsche Bewegungen beim Sport oder Unfälle können die Vorwölbung hervorrufen. Im Alter von 30 bis 50 Jahren steigt das Risiko für Bandscheibenprotrusion sowie -vorfall, denn die Bandscheibe verliert an Elastizität, ihre Pufferfunktion lässt nach. Da die Bandscheiben irgendwann kaum noch Wasser beinhalten, lässt ab 50 das Risiko für eine Bandscheibenvorwölbung beziehungsweise -vorfall auch wieder nach.

Typische Symptome einer Bandscheibenvorwölbung

Findet die Bandscheibenvorwölbung in der Mitte des Faserrings statt, sind dumpfe, tiefsitzende und schwer zu lokalisierende Rückenschmerzen die Folge. Wenn sie plötzlich auftreten, spricht man auch von einem Hexenschuss. Wenn sich die Bandscheibe jedoch in seitlicher Richtung vorstülpt, kann sie unter Umständen auf eine Nervenwurzel drücken. Die Folge: Schmerzen, die ins Bein ausstrahlen und auch als Ischialgie bezeichnet werden. Als Faustregel gilt: Je stärker der Druck auf die Nervenwurzel, desto weiter dringt der Schmerz ins Bein vor und kann bis in die Zehen ziehen.

Weitere Symptome einer Bandscheibenvorwölbung sind, ähnlich wie beim -vorfall, Missempfindungen. Dazu zählen Kribbeln im Fuß, das Gefühl eines eingeschlafenen Beins oder sogar kein Gefühl mehr im betroffenen Bein. Aber auch motorische Einschränkungen wie das Nachlassen der Muskeln in Beinen und Gesäß können eine Bandscheibenprotrusion kennzeichnen. Daneben können die Reflexe im betroffenen Bereich gestört sein, darunter der bekannte Kniesehnenreflex. Bleibt die Protrusion unbehandelt, können auch dauerhafte Verspannungen im Bereich der Wirbelsäule die Folge sein.

Diagnose der Bandscheibenprotrusion

Vorwölbungen der Bandscheibe lassen sich sehr gut mithilfe von MRT-Aufnahmen (Magnetresonanztomografie) feststellen, aber auch die Überprüfung von Reflexen spielt eine wichtige Rolle bei der Diagnose. Zunächst möchte der Arzt im Patientengespräch (Anamnese) aber wissen, wann und wo die Schmerzen erstmals auftraten, welchen Schmerzcharakter sie haben, ob sie bei bestimmten Bewegungen stärker werden und ob es weitere Symptome gibt.

Anhand dieser Auskünfte kann der Arzt bereits beurteilen, wo die Bandscheibenprotrusion vermutlich vorliegt (HWS, BWS oder LWS) und wie ausgeprägt sie ist. Zur weiteren Abklärung sowie zur Differentialdiagnose kann zudem eine Computertomografie (CT) nötig werden.

Therapie: So wird die Bandscheibenprotrusion behandelt

Eine Bandscheibenprotrusion wird nur sehr selten operiert, da sie in der Regel keine schwerwiegenden Probleme wie etwa Nervenschäden mit Lähmungserscheinungen verursacht. Meist – nämlich in etwa neun von zehn Fällen – reicht im Fall einer Bandscheibenprotrusion eine konservative Therapie aus, um Schmerzfreiheit zu erzielen.

Dazu zählen Physiotherapie und Rückenschule, aber auch einfaches Abwarten, denn häufig verschwinden die Beschwerden wieder. Betroffene sollten aber in jedem Fall versuchen, die Muskulatur im betroffenen Bereich durch gezielte Übungen zu stärken, um einem erneuten Verrutschen der Bandscheibe vorzubeugen. Bestehende Fehlhaltungen müssen korrigiert werden, denn nicht zuletzt kann fortschreitende Belastung der Bandscheibe zu einem Bandscheibenvorfall führen.

Helfen diese konservativen Maßnahmen nicht ausreichend, kommen Schmerzmittel, zum Beispiel mit dem Wirkstoff Flupirtin, sowie Medikamente und Injektionen mit Cortison oder zentrale Muskelrelaxantien zum Einsatz, um schmerzhafte Verspannungen im betroffenen Bereich zu lockern. Erst wenn all diese Möglichkeiten der konservativen Therapie erschöpft sind, muss eine Bandscheibenprotrusion operiert werden.

Bandscheibenvorwölbung vorbeugen

Auch wenn die Bandscheiben im Laufe des Lebens ihre Funktionalität nach und nach verlieren, so kann einiges getan werden, um Bandscheibenvorwölbung und -vorfall zu verhindern. In einer Rückenschule kann man einen gesunden Umgang mit dem Rücken lernen, beispielsweise beim Sitzen, Heben und Tragen. Außerdem sollte die Rücken- udn Bauchmuskulatur regelmäßig trainiert werden, um die Wirbelsäule durch gute Muskulatur zu unterstützen und zu entlasten.