Tabletten in einer Hand und ein Glas Wasser dahinter
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Effektive Schmerzlinderung

Medikamente bei Rückenschmerzen

Von: Annika Lutter (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 11.08.2023 - 14:37 Uhr

Starke Rückenschmerzen können vorübergehend mit Medikamenten behandelt werden, um Betroffenen Erleichterung zu verschaffen und ihnen ihre Bewegungsfähigkeit zurückzugeben. Folgende Wirkstoffe kommen infrage.

Zur Schmerzlinderung bei akuten und chronischen Rückenschmerzen kommen verschiedene Medikamentengruppen zum Einsatz, wobei die Auswahl von der Stärke und Dauer des Schmerzes sowie der Ursache der Beschwerden abhängt. Bei der Behandlung von Rückenschmerzen mit Medikamenten ist immer abzuwägen, ob die Schwere der Beschwerden die möglichen Risiken und Nebenwirkungen der Wirkstoffe rechtfertigt.

Wirkstoffe bei Rückenschmerzen

Vor allem nicht-steroidale Antirheumatika und und Kortikosteroide, aber auch Muskelrelaxantien finden Anwendung. Können gebräuchliche Schmerzmittel nicht eingesetzt werden, ist auch eine Behandlung mit Flupirtin möglich. Dieser Arzneistoff wirkt sowohl zentral schmerzhemmend als auch muskelentspannend und kann einer Chronifizierung akuter Rückenschmerzen vorbeugen.

Die Gabe von Lokalanästhetika kann ebenfalls nützlich sein, um die Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses und damit die Entstehung chronischer Schmerzen zu verhindern oder aber die Beweglichkeit kurzfristig wieder zu verbessern. Bei der Therapie andauernder beziehungsweise über längere Zeiträume wiederkehrender Rückenschmerzen haben sich Opioide und einige Antidepressiva bewährt.

Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR)

Zu den nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) zählen Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Diclofenac und Indometacin. Sie wirken schmerzhemmend, fiebersenkend und entzündungshemmend. NSAR eignen sich aus diesem Grund besonders für die Behandlung von Schmerzen, die durch Entzündungsprozesse hervorgerufen werden.

Nicht-steroidale Antirheumatika wirken in gewissem Umfang auch schmerzhemmend, wenn keine Entzündung vorliegt. Dies geschieht über eine Hemmung der Erregbarkeit im zentralen Nervensystem. Bei akuten Rückenschmerzen ist die Wirksamkeit von nicht-steroidalen Antirheumatika gut belegt. Sie werden in der Regel als Tablette eingenommen.

Aufgrund ihrer Nebenwirkungen sollten sie möglichst nicht über einen längeren Zeitraum angewendet werden. Über die Dauer der Anwendung entscheidet der behandelnde Arzt. NSAR können zu Störungen im Magen-Darm-Trakt (Reizung der Magenschleimhaut, Entstehung von Magengeschwüren) und allergischen Reaktionen (Auslösung von Asthmaanfällen) führen. Das Risiko für Nebenwirkungen nimmt mit der Dauer der Einnahme zu.

Kortikosteroide

Kortikosteroide wie Hydrokortison oder Prednisolon wirken antientzündlich und schmerzdämpfend. Sie sind zur Behandlung starker akuter Rückenschmerzen geeignet. Da sie bei langfristiger und höher dosierter Anwendung erhebliche Nebenwirkungen wie Magengeschwüre, Knochenabbau, gesteigertes Infektionsrisiko oder psychische Störungen verursachen können, sollten sie nur kurzzeitig oder mit Pausen eingesetzt werden.

Lokalanästhetika

Lokalanästhetika (örtliche Betäubungsmittel) können bei akuten Rückenschmerzen gezielt in die Umgebung betroffener Nerven gespritzt werden. Sie bewirken eine kurzzeitige Unterbrechung der Schmerzleitung (Nervenblockade). Selbst wenn diese nur wenige Stunden andauert, lassen sich dadurch in vielen Fällen die Chronifizierung der Schmerzen und die Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses verhindern. Empfohlen wird die Kombination von Lokalanästhetika mit einem Kortikosteroid.

Muskelrelaxanzien

Häufigste Ursache für akute Rückenschmerzen sind Muskelverspannungen und - verhärtungen. Sie treten aufgrund von kontinuierlichen Fehlhaltungen oder Überlastungen auf. Maßnahmen zur Entspannung der Muskulatur verschaffen den Patienten deshalb oft große Erleichterung. Hierbei haben sich sogenannte Muskelrelaxanzien wie Tizanidin oder Methocarbamol bewährt. Sie setzen den zentralen Spannungszustand der Skelettmuskulatur herab und hemmen ein übermäßiges Zusammenziehen (Kontraktion). Einige der Substanzen können jedoch abhängig machen und sollten deshalb nicht langfristig eingesetzt werden.

Flupirtin

Flupirtin unterdrückt die Schmerzleitung im Rückenmark und im Gehirn. Diese Wirkung kommt über eine Öffnung von Kaliumkanälen an Nervenzellen zustande. Kalium tritt aus und verändert das elektrische Potenzial an der Zellmembran, wodurch die Reizweiterleitung der Nervenzelle gehemmt wird. Flupirtin wirkt schmerzdämpfend, löst Verspannungen der Muskulatur und wirkt außerdem einer Chronifizierung von Schmerzen entgegen.

Das Wirkprinzip von Flupirtin unterscheidet sich von dem anderer Schmerzmedikamente deutlich. Es ist bei akuten Rückenschmerzen einsetzbar, sofern andere Schmerzmittel nicht verwendet werden können. Verschiedene Studien konnten seine Effektivität belegen.

Häufigste Nebenwirkungen von Flupirtin – insbesondere zu Beginn einer Behandlung – sind Müdigkeit und Schwindel. Aus diesem Grund wird die Erstanwendung abends vor dem Schlafengehen empfohlen. Sehr häufig werden auch Transaminasenerhöhungen beobachtet. Um eine mögliche Leberschädigung zu verhindern, darf die Anwendungsdauer zwei Wochen nicht überschreiten.

Opioide

Opioide (Morphium-ähnliche Medikamente) sind zentral wirkende, starke Schmerzmedikamente. Sie bewirken eine Hemmung der Erregungsleitung schmerzvermittelnder Nervenbahnen in Gehirn und Rückenmark, indem sie an speziellen Bindungsstellen, den Opioidrezeptoren, andocken.

Opioide wie Morphin und Fentanyl können bei schwersten akuten oder chronischen Rückenschmerzen eingesetzt werden, zum Beispiel bei Schmerzen aufgrund von Metastasen (Tochtergeschwulsten) in der Wirbelsäule. Dabei werden zuerst nebenwirkungsärmere, schwächer wirksame Substanzen wie Tramadol oder Tilidin in Kombination mit Naloxon angewandt. Nur wenn diese keine ausreichende Wirkung erzielen, kommen stärkere Substanzen wie Morphin zum Einsatz. Häufigste Nebenwirkungen von Opioiden sind Müdigkeit, Übelkeit, Verstopfung und Erbrechen.

Antidepressiva

Tricyclische Antidepressiva (TCA) wie Amitriptylin, Doxepin und Clomipramin können zur Behandlung chronischer Rückenschmerzen eingesetzt werden. Besonders wirkungsvoll sind sie Studienergebnissen zufolge dann, wenn gleichzeitig eine depressive Stimmung bei den Rückenschmerz-Patienten vorliegt. Häufige Nebenwirkungen sind Mundtrockenheit, Müdigkeit, Verstopfung und Probleme beim Wasserlassen.

Lesen Sie hier mehr über die Risiken der medikamentösen Rückenschmerzbehandlung.

Multimodale Behandlung bei chronischen Rückenschmerzen

Gegen anhaltende oder besonders starke Rückenschmerzen "nur" Medikamente einzunehmen, gilt als überholt. Vielmehr bekommen Betroffene im Rahmen einer multimodalen Behandlung verschiedene, sinnvoll kombinierte Bausteine angeboten.