Tablettenblister in einer Hand gehalten
©iStock.com/AndreyPopov
Nebenwirkungen der medikamentösen Behandlung

Manche Medikamente gegen Rückenschmerzen bergen Risiken

Von: Kathrin Sommer (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 15.03.2023 - 09:44 Uhr

Die Behandlung mit Medikamenten spielt auch bei der Rückenschmerztherapie eine wichtige Rolle. Sie wird unter Beachtung möglicher Risiken und Nebenwirkungen für jeden Patienten individuell abgestimmt.

Bei der Therapie akuter oder chronischer Rückenschmerzen spielt die Behandlung mit Schmerzmedikamenten eine wichtige Rolle. Für die Wirksamkeit einer Therapie ist zwischen akuten und chronischen Rückenschmerzen zu unterscheiden. Um die Therapie einerseits so effektiv wie möglich, andererseits aber auch gut verträglich zu gestalten, müssen Arzt und Patient die Risiken und Nebenwirkungen der Wirkstoffe sowie bestehende Gesundheitsrisiken durch Vorerkrankungen genau kennen und abschätzen.

Risiken von Nicht-Opioid-Schmerzmitteln gegen Rückenschmerzen

Als die wichtigste Medikamentengruppe in der Schmerztherapie bei akuten Rückenschmerzen gelten die klassischen nicht-steroidalen Antirheumatika, kurz NSAR. Dazu gehören Wirkstoffe wie Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen oder Acetylsalicylsäure. Sie wirken entzündungshemmend und schmerzlindernd zugleich. Weitere Vertreter der Nicht-Opioid-Schmerzmittel, die zur Behandlung von Rückenschmerzen eingesetzt werden, sind Coxibe, Paracetamol, Metamizol und Flupirtin.

Wichtige Nebenwirkungen der Nicht-Opioid-Schmerzmittel sind:

  • Nebenwirkungen auf den Magen-Darm-Trakt: Klassische NSAR können die Schleimhäute von Magen und Darm schädigen. Auch wenn das Risiko dafür mit längerer Einnahmedauer und höherer Dosis zunimmt und bei den verschiedenen Substanzen unterschiedlich hoch ist, kann es bereits nach kurzer Behandlungszeit zu Magen-Darm-Geschwüren sowie Blutungen und Durchbrüchen im Magen und Darm kommen. Besonders gefährdet sind ältere Menschen, Raucher und Personen, die bereits vor der Therapie Beschwerden im Magen-Darm-Trakt hatten. Coxibe, die bevorzugt das Enzym Cyclooxygenase Typ II (COX-2) hemmen, sind im Hinblick auf Magen-Darm-Beschwerden verträglicher als die klassischen NSAR, dafür aber mit einem erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko verbunden.

  • Nebenwirkungen auf das Herz-Kreislauf-System: Coxibe gehen mit einem erhöhten Risiko für hohen Blutdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall einher. Vor allem bei Patienten mit Vorschädigungen oder bekannten Herz-Kreislauf-Risiken wie Bluthochdruck, koronarer Herzkrankheit, Diabetes mellitus, erhöhten Blutfettwerten, Rauchen und peripherer arterieller Verschlusskrankheit dürfen sie deshalb nur vorsichtig oder gar nicht eingesetzt werden. Auch einige Vertreter der NSAR (z.B. Diclofenac) können das Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse erhöhen.

  • Nebenwirkungen auf die Nieren: Durch die Hemmung eines bestimmten Enzyms (Cyclooxygenase) bewirken klassische NSAR ebenso wie Coxibe eine Verengung der Blutgefäße. Dies geschieht u.a. in den Nieren. Besonders bei bereits vorgeschädigten Nieren kann es zu einer verminderten Filterleistung der Nieren kommen, sodass weniger Urin ausgeschieden und Flüssigkeit stattdessen im Körper angesammelt wird, was wiederum zu Schwellungen (Ödemen) führt. In der Folge entsteht ein erhöhter Blutdruck. Darüber hinaus können die Nieren akut geschädigt werden (akutes Nierenversagen).

Nebenwirkungen auf die Leber: Paracetamol kann, in höheren Tagesdosen eingenommen, die Leber schädigen. Auch für Diclofenac und Flupirtin ist eine solche Wirkung bekannt. Um eine mögliche Leberschädigung frühzeitig zu erkennen, sollten unter der Anwendung von Flupirtin wöchentliche Kontrollen der Leberenzymwerte (Transaminasen) durchgeführt werden. Zudem ist die Anwendungsdauer auf zwei Wochen zu beschränken.

Lesen Sie auf Seite zwei mehr über die Risiken von Medikamenten gegen Rückenschmerzen!

Risiken von Opioid-Schmerzmitteln bei Rückenschmerzen

Bei sehr starken Rückenschmerzen können opioidhaltige Schmerzmittel (z.B. Tramadol, Morphin, Fentanyl, Buprenorphin) eingesetzt werden. Sie sind wirkungsvolle Schmerzhemmer und verhindern die Chronifizierung der Schmerzen. Gleichzeitig verursachen sie kaum Schäden in Organen. Ihre Nebenwirkungen sind gut bekannt. Durch geeignete Maßnahmen oder prophylaktische Anwendung geeigneter Stoffe sind diese Nebenwirkungen in aller Regel gut beherrschbar oder vermeidbar. Organschäden treten nicht auf, wohl aber reversible funktionelle Veränderungen. Trotzdem werden Opioide von den Patienten oft als subjektiv sehr beeinträchtigend erlebt. Die weit verbreitete Angst vor einer Sucht hingegen ist, wenn die Medikamente gezielt zur Behandlung starker Schmerzen eingesetzt werden, weitgehend unbegründet.

Nebenwirkungen von Opioiden sind vor allem Verstopfung, die bei neueren Zubereitungen aber seltener vorkommt, und anfänglich zum Teil starke Übelkeit und Erbrechen. Gerade letztere Nebenwirkungen führen häufiger zum Abbruch der Therapie. Weitere mögliche Nebenwirkungen von Opioiden sind zum Beispiel Müdigkeit, Benommenheit und Atemdepression. In bedrohlicher Form tritt letztere insbesondere bei schneller Anflutung des Opioids (z.B. rasche intravenöse Gabe) oder anfänglich zu hoher Einzeldosen auf. Auch die Entwicklung einer Abhängigkeit oder Toleranz ist unter strikter ärztlicher Überwachung und oraler Dosierung eher selten. Zur Vermeidung eignen sich orale Retardpräparate. Eine längerfristige Therapie (Beispiel: Tumorschmerz) sollte per os mit einem lang wirksamen Opioid als Retardformulierung erfolgen.

Risiken von Psychopharmaka bei Rückenschmerzen

Zur Behandlung von Rückenschmerzen spielen ferner Antidepressiva eine wichtige Rolle. Beim sog. neuropathischen Schmerz, der durch Nervenschädigung ausgelöst wird, haben Antidepressiva einen spezifischen analgetischen Effekt. Häufigste Nebenwirkungen sind Mundtrockenheit, Benommenheit (mit Störung der Vigilanz), Gewichtszunahme, Blutdruckabsenkung, die insbesondere bei den sog. Trizyklischen Antidepressiva vom Typ des Amitryptilins sehr häufig auftreten.

Bei neueren Wirkstoffen sind diese Nebenwirkungen geringer ausgeprägt. Antidepressiva haben sich insbesondere bei chronifizierten Schmerzen in Form von Kombinationstherapien bewährt. Dies gilt sowohl für die Kombination mit Antirheumatika wie mit Opioiden. Werden Antidepressiva mit schwächeren Opioiden wie Tramadol oder Dihydrocodein kombiniert, kann es zu Interaktionen kommen, die einerseits die schmerzstillende Wirkung herabsetzen und andererseits Nebenwirkungen mit größerer Häufigkeit hervorrufen. Manche Medikamente gegen Rückenschmerzen bergen Risiken

„Dann will ich lieber gar keine Behandlung“

„Wenn so viele Risiken lauern, will ich lieber keine Behandlung.“ Diese Reaktion auf das Lesen des Beipackzettels vieler Medikamente ist zwar verständlich, kann aber eine fatale Wirkung haben. So führt das Nichtbehandeln nicht nur zu einer Verstärkung der Schmerzen, sondern kann eine Chronifizierung und Verselbständigung des Schmerzes auslösen. Die Rückenschmerzen halten dann an, obwohl die ursprünglich auslösende Ursache längst beseitigt ist. Um dies zu verhindern, wird bei Rückenschmerzen immer eine effektive Schmerzbehandlung empfohlen, die - je nach Fall - neben einer gezielten, auf den jeweiligen Patienten abgestimmten medikamentösen Therapie auch Bewegungstherapie, Physiotherapie, Entspannungs- und Stressbewältigungstechniken sowie Ergotherapie einschließen kann.