Rücken einer Frau im rosanen Top, Frau hält sich den Nacken aufgrund einer Wirbelsäulenanomalie
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Skoliose, Spinalkanalstenose, Scheuermannsche Krankheit

Wenn Wirbelsäulenanomalien für Rückenschmerzen sorgen

Von: Kathrin Sommer (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 14.11.2023 - 16:24 Uhr

Morbus Scheuermann, Skoliose, Wirbelgleiten oder Spinalkanalstenose - hinter akuten oder chronischen Rückenschmerzen können sich krankhafte Veränderungen an der Wirbelsäule verbergen.

Die häufigste Ursache für akute oder chronische Rückenschmerzen sind muskuläre Verspannungen. Diese gehen in vielen Fällen auf Fehlbelastungen infolge von Bewegungsmangel oder einseitiger Körperhaltung im beruflichen und privaten Alltag zurück. Aber auch Veränderungen an der Wirbelsäule, sogenannte Wirbelsäulenanomalien, können sich hinter plötzlich auftretenden oder anhaltenden Rückenschmerzen verbergen. Einige dieser Veränderungen nehmen ihren Anfang bereits im Kindes- und Jugendalter, andere betreffen vorrangig Erwachsene.

Morbus Scheuermann: Rundrücken durch Wachstumsstörungen

Eine der häufigsten Wirbelsäulenveränderungen ist der sogenannte Morbus Scheuermann. Es handelt sich dabei um eine im Kindes- oder Jugendalter auftretende Wachstumsstörung an den Grund- und Deckplatten der Wirbelkörper. Dadurch nehmen die Wirbelkörper eine keilförmige Gestalt an, die zwischen den Wirbeln gelegenen Bandscheiben verschmälern sich. Langfristig kommt es zu Veränderungen der Wirbelsäulenkrümmung - im Brustwirbelsäulenbereich entsteht ein sogenannter Rundrücken, im Lendenwirbelsäulenbereich ein sogenannter Flachrücken.

Erkennungsmerkmal ist die sichtbare Veränderung der Wirbelsäulenkrümmung im Brust- oder Lendenwirbelbereich. Manche Kinder klagen auch über Schmerzen im Rücken. Haltungsfehler, insbesondere eine schlaffe Körperhaltung, begünstigen die Entstehung der "Scheuermann´schen" Krankheit. Aber auch eine besonders starke mechanische Beanspruchung wie etwa bei Leistungssportlern, z.B. Kunstturnen, kann dazu führen.

Skoliose: Wenn sich die Wirbelsäule seitwärts verbiegt

Bei der Skoliose (griech. skolios = krumm) liegt eine dauerhafte seitliche Verbiegung der Wirbelsäule mit Verdrehung der Wirbelkörper vor. Sie entsteht in den meisten Fällen während der Kindheit und Jugend, wenn die Wirbelsäule starken Wachstumsprozessen unterworfen ist. Dabei wachsen die Wirbelkörper in einer Richtung langsamer als in der anderen.

Im Kindes- und Jugendalter verursacht eine Skoliose oftmals keine Beschwerden. Aufgrund der Verkrümmung nutzt sich die Wirbelsäule allerdings ab, sodass mit zunehmendem Alter vermehrt Schmerzen im Rücken auftreten. Langfristig kann die damit verbundene Fehlbelastung des Bewegungsapparates zu frühzeitigen Abnutzungserscheinungen an Hüft- und Kniegelenken führen und mit zunehmender Bewegungseinschränkung einhergehen. Woher kommt mein Rückenleid?

Spondylolisthese: Wenn die Wirbel ins Hohlkreuz "gleiten"

Bei der Spondylolisthese (Spondylolisthesis), auch als Wirbelgleiten bekannt, verschieben und verkippen sich zwei benachbarte Wirbel gegeneinander. Sie macht sich nach außen oft als Hohlkreuz bemerkbar. Wirbelgleiten kann angeboren sein oder sich im Laufe des Lebens entwickeln. Besonders oft sind Kinder betroffen, die Sportarten durchführen, bei denen sie den Rücken nach hinten überstrecken (Kunstturnen, Trampolinspringen, Delphinschwimmen). Diese Sportarten sollten im Falle der Diagnose der Erkrankung nicht weiter ausgeübt werden.

Wirbelgleiten verursacht oftmals keine Beschwerden, die Diagnose wird daher meist zufällig gestellt. Manchmal treten aber auch tief sitzende Rückenschmerzen auf, die sich bei Bewegung verstärken, oder die Betroffenen haben das Gefühl, dass ihre Wirbelsäule "instabil" ist. Werden die im Wirbelkanal verlaufenden Nerven in Mitleidenschaft gezogen, können die Schmerzen bis in die Beine ausstrahlen. Möglich sind dann Schwäche, Gefühlsstörungen und Missempfindungen (z.B. Kribbeln, Brennen, Kältegefühl) in den Beinen und in schweren Fällen auch Blasen- und Darmentleerungsstörungen.

Spinalkanalstenose: Der Wirbelkanal ist verengt

Eine weitere häufige Erkrankung im Bereich der Wirbelsäulenanomalien ist die Spinalkanalstenose, auch Wirbelkanalenge genannt. Altersbedingte Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, insbesondere ein knöcherner Umbau der Wirbelgelenke, Bandscheibenerkrankungen (Bandscheibenvorfall) und Wirbelkörperverschiebungen, führen dazu, dass das Rückenmark und die Nervenstränge, die im Inneren des Wirbelsäulenkanals verlaufen, gedrückt werden.

Die Erkrankung tritt meist jenseits des 60. Lebensjahres auf. Sie kann die Hals-, die Brust- und die Lendenwirbelsäule betreffen, ist aber am häufigsten im Lendenbereich zu finden. Mögliche, damit einhergehende Beschwerden sind Rückenschmerzen bei Bewegung oder in Ruhe, die bis in die Beine ausstrahlen können, Schwäche, Gefühlsstörungen und Missempfindungen (z.B. Kribbeln, Brennen, Kältegefühl), in schweren Fällen auch Blasen- und Darmentleerungsstörungen. Typischerweise sind die Schmerzen beim Gehen oft besonders stark und bessern sich beim Sitzen mit vorgebeugtem Rücken.

Wie lassen sich die Beschwerden bessern?

Bei allen durch Wirbelsäulenanomalien verursachten Rückenschmerzen kommt ein Training der Rückenmuskeln mithilfe eines gezielten Trainingsprogramms (Rückenschule, Haltungsturnen) infrage. Ziel des Rückentrainings ist, dass die so gekräftigte Rückenmuskulatur Haltungsschäden, die durch Wirbelsäulenveränderungen bedingt sind, so gut wie möglich ausgleicht.

Bei Spinalkanalstenose steht die Behandlung der Schmerzen mithilfe von Schmerzmitteln, physikalischer Schmerztherapie (Wärme, Ultraschall) und Krankengymnastik im Vordergrund. In schweren Fällen können bei Scheuermannscher Krankheit oder Skoliose zudem eine Korsettbehandlung bzw. bei Skoliose, Wirbelgleiten und Spinalstenose eine Operation nötig sein.