Eine Frau mit Badekappe und Schwimmbrille in einem Schwimmbecken
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Die richtige Technik gegen Schmerzen

Schwimmen für einen starken Rücken

Von: Barbara Link (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 18.07.2023 - 16:51 Uhr

Schwimmen gilt als ideale Sportart für den Rücken: Es kräftigt die Rumpfmuskulatur, löst Verspannungen, der Auftrieb schont die Gelenke. Das ist gerade für Schmerzpatienten ideal. Schwimmtrainer Christian Tröger, mehrfacher Welt- und Europameister, gibt Tipps für eine gesunde Haltung im Wasser.

Schwimmen ist ein komplexer Bewegungsablauf. Wie er genau funktioniert - sprich, wie der Vortrieb aus Armen und Beinen zustande kommt -, ist den Alltags-Schwimmern meist nicht klar. "Hineinspringen, losschwimmen", so würden sie es beschreiben. Schwimmexperte Christian Tröger sagt: „Das Problem ist: Jeder kann schwimmen, aber kaum jemand richtig. Das Gefühl zu gleiten geht vielen nicht ab, weil sie es nicht kennen. Wenn sie es dann einmal spüren, ist das ein Aha-Erlebnis.“

Brustschwimmen: Falsche Technik löst Rückenschmerzen aus

Viele Frauen schwimmen lieber Brust als Kraul. Der frühere Olympia-Teilnehmer Tröger schmunzelt ein wenig: „Mit dem Kopf über Wasser kann man sich leichter orientieren, auch unterhalten und die Haare werden nicht nass.“ Diese Periskop-Kopfhaltung freilich führt durch die Überstreckung der Halswirbelsäule zu Verspannungen im Nacken und zu einem Hohlkreuz - und damit letztendlich zu Rückenschmerzen.

Haltungstipps fürs Brustschwimmen

Um rückenfördernd Brust zu schwimmen, sollte der Kopf bei jedem Zug einmal die Wasseroberfläche durchbrechen. Die Blickrichtung geht dabei nach schräg vorne – das hält den Nacken gerade. Eine weitere Herausforderung beim Brustschwimmen ist häufig die Abstimmung der Arm- und Beinbewegung. Im Idealfall zieht sich der Körper wie eine Ziehharmonika zusammen und auseinander, einmal sorgen die Arme, einmal die Beine für den Vortrieb.

Wer es schon geschafft hat, mit dem Kopf unterzutauchen, dem werden häufig auf den anderen Bahnen die so verbreiteten Scherenbewegungen der Beine auffallen: Die Kniestellung ist zu weit und die Bewegung von rechtem und linkem Bein nicht harmonisch. Diese Fehlhaltung sorgt beim Brustschwimmen nicht nur für wenig Vortrieb, sie führt unter Umständen auch zu Knieschmerzen.

Kraulen: Rückenschmerzen davonschwimmen

Der ideale Schwimmstil für Rumpf und Rücken ist das Kraulen. Christian Tröger: „Der Kraulstil hat den Vorteil, dass der Körper die ganze Zeit gestreckt im Wasser liegt und Kopf und Körper eine Ebene bilden. Fehlhaltungen sind hier gut auszuschließen.“ In der Praxis lassen sich jedoch bei den meisten Schwimmern mindestens zwei der folgenden drei Schwachstellen feststellen: eine falsche Kopfhaltung bei der Atmung, zu wenig Beinarbeit und ein falscher beziehungsweise kaum spürbarer Einsatz der Unterarme.

Beim Kraulen befinden sich die Augenbrauen in etwa auf Höhe der Wasseroberfläche. Der Kopf „schwebt“ gewissermaßen auf dem Wasser, die Nackenmuskulatur ist weitgehend entspannt. Bei der Atmung dreht man den Kopf lediglich um die Körperlängsachse - nach links oder nach rechts.

Ändert sich dieser idealtypische Ablauf, führt das bei der Atmung zu einer nicht harmonischen Bewegung: Der Kopf kommt beispielsweise zu weit aus dem Wasser, das belastet die Halswirbelsäule und führt zu Verspannungen. „90 Prozent der Leute schauen nach hinten bei der Atmung“, weiß Tröger. „Die Blickrichtung sollte aber schräg nach vorn zeigen.“ Dadurch bleibt der Kopf automatisch „auf Linie“.

Beim Kraulen auf die Beinarbeit achten

80 Prozent des Vortriebs beim Kraulen leisten die Arme, genauer gesagt die gesamte Oberkörpermuskulatur, rund 20 Prozent steuern die Beine bei. Ganz ohne Beinarbeit geht es jedoch auch nicht. „Der Mehrwert der Beine wird allzu häufig unterschätzt“, betont der Schwimmtrainer: „Erst mit einer richtig dosierten Beinarbeit schafft man die Voraussetzungen für eine ideale Wasserlage und den effektiven Einsatz der Arme.“

Entscheidend bei der Beinarbeit fürs Kraulen ist die harmonische Gesamtbewegung von der Hüfte bis in die gestreckten Zehenspitzen: Die Knie werden nicht aktiv gebeugt. Sie folgen lediglich dem natürlichen Widerstand des Wassers. Dabei nicht zu große, sondern flache, aber kontinuierliche Auf- und Abbewegungen machen.

Um das Krafttraining für die Arme im Wasser zu intensivieren, nutzen Schwimmer gerne Paddles, kleine Schwimmbretter für die Hände. Trainer Tröger warnt: „Diese Paddles lassen sich punktuell sicher gut ins Training einbauen. Auf Dauer läuft man aber Gefahr, sich den Stil zu ruinieren. Die Kraftwirkung auf die Arme wird schnell zu groß, der Bewegungsablauf wird unsauber und man zieht dann wieder wie ein Anfänger durchs Becken.“

Rückenschwimmen: Gesunder Sport in See und Meer

Hochgelobt wird bei Rückenproblemen auch das Rückenschwimmen. Bei der „umgedrehten“ Kraulbewegung kommt erleichternd hinzu, dass keine besondere Atemtechnik beachtet werden muss. Doch im Schwimmbad stößt man mangels einer Orientierung nach hinten schnell an Grenzen. Um ein Auge auf den Gegenverkehr zu haben, legen viele Schwimmer den Kopf zu weit nach hinten. Das wiederum belastet die Halswirbelsäule und führt zu Verspannungen im Nacken. Ein idealer Schwimmstil ist das Rückenschwimmen somit eher für wenig frequentiertes Gewässer.

Christian Tröger gibt noch weitere Haltungstipps für Rückenschwimmer: „Den Kopf gerade halten. Nicht nur nicht zu weit nach hinten neigen, sondern auch nicht das Kinn auf der Brust ablegen. Sonst sinkt automatisch auch der Po Richtung Beckengrund.“ Und: „Die Füße nicht steif nach oben halten. Beim Beinschlag sollte eine Balance zwischen Stabilität und Loslassen gewährleistet sein.“

Tröger, mittlerweile sportlich vor allem als Triathlet unterwegs, rät, beim nächsten Schwimmbadbesuch doch mal den eigenen Schwimmstil von einem guten Schwimmer anschauen zu lassen – vor allem unter der Wasseroberfläche.