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Verspannungen durch Knirschen und Unverträglichkeiten???

Kategorie: Knochen-Gelenke » Expertenrat Rückenschmerzen | Expertenfrage an Experte-Stehn

24.05.2013 | 00:15 Uhr

Hallo Herr Dr. Stehn,

mich würde interessieren, ob Verspannungen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten zusammenhängen können.

Zu meiner Geschichte: Ich bin weiblich, 22 Jahre jung, 1.59m klein, 51 kg leicht. Als "Vorerkrankungen" habe ich eine leichte Skoliose und - was aber wahrscheinlich nicht von Bedeutung dafür ist - ein leichtes PCO-Syndrom und Hyperprolaktinämie.
Als Ausgleich zum vielen Sitzen des Studentenlebens mache ich 1 Mal pro Woche Yoga, gehe 2 Mal pro Woche joggen, tanze 1 Mal pro Woche - bewege mich also eigentlich schon. Trotzdem bin ich oft sehr verspannt, hauptsächlich im Schulter-/Nackenbereich, oft aber auch im unteren Rückenbereich.
Von meinem Zahnarzt weiß ich, dass ich nachts mit den Zähnen ziemlich heftig knirsche bzw. zusammenbeiße (habe schon eine komplette Aufbisschiene "durchlöchert"), was sicherlich auch eine Ursache ist. Meine Kiefermuskeln taten mir, bevor ich eine Aufbissschiene bekam, auch jeden Morgen weh. Habe außerdem ganz häufig Spannungskopfschmerzen, die vom Nacken nach oben in den Hinterkopf ziehen und brauche öfter Kopfschmerztabletten. Habe deshalb von meinem Zahnarzt mittlerweile fast 40 (!!!) Physiotherapiestunden verschrieben bekommen (Fango, manuelle Therapie, KG), die zwar langsam geholfen haben, aber dann doch, aber jetzt - ca. 3 Monate nach der letzten Behandlung - fangen die Verspannungen schon wieder an.

Nun würde mich aber eigentlich interessieren, ob für den unteren Rückenbereich auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten als Ursache in Frage kommen. Wegen häufiger Magen-/Darmprobleme wurden bei mir nämlich im März dieses Jahres durch H2-Atemtests beim Internisten Lactose-/Fructose- und Sorbitmalabsorption festgestellt. Fructose ist bei mir besonders schlimm, habe selbst mit Saccharose oft Probleme, obwohl ja die Glucose die Fructose angeblich besser verträglich macht. Ich versuche jetzt, alle drei so gut wie möglich zu meiden und baue außerdem meine Darmflora mit Omniflora und einem Kombipräparat an "Naturstoffen" wie L-Glutamin, Pantothensäure, Zink, Selen etc. auf. Auf die Idee, das untersuchen zu lassen, kam nämlich meine Physiotherapeutin bei der manuellen Therapie. Sie scheint ziemlich kompetent zu sein um so etwas durch manuelle Therapie "festzustellen". Sie meinte, mein Bauchraum und unterer Rücken wären sehr hart, wie bei einer Unverträglichkeit. Gibt es da wirklich Zusammenhänge?

Deshalb meine Fragen: Sind diese beiden "Probleme" - Knirschen und Unverträglichkeiten - tatsächlich mögliche Ursachen? Wenn ja, hätten Sie Ideen, was ich tun kann?

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Viele Grüße und vielen Dank im Voraus!

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Experte-Stehn
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27.05.2013, 09:41 Uhr
Antwort von Experte-Stehn

Sehr geehrte Blümchen06,

dass Zähnepressen und -knirschen zu Verspannungen und Schmerzen der Nacken- und Wirbelsäulenmuskulatur führen können, bis hin zu Verdrehungen des Beckens, ist mittlerweile auch zahnärztliches Allgemeinwissen und wird insgesamt als Krankheitsbild "Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD)" beschrieben.
Die Auswirkungen des Knirschens und Pressens lassen sich durch spezielle manuelle Therapie, die u.a. auch die Muskeln im Mund bearbeitet, durch Krankengymnastik und meist auch eine spezielle Schienentherapie behandeln. Dies ist leider oft recht langwierig. Gelegentlich sind für das Knirschen und Pressen auch eine anatomisch ungünstige Stellung der Zähne, oder ungenau gearbeitete Kronen, Brücken, Implantate o.ä. verantwortlich. Dann muss der Zaharzt diese ungünstigen Bedingungen korrigieren.
Am häufigsten knirschen und pressen die Patienten jedoch aufgrund eines, durch was auch immer, erhöhten Stresspegels, der durch das Knirschen abgebaut werden soll. Stressfaktoren können dabei aus ganz unterschiedlichen Bereichen kommen: Ärger und Überlastung im Beruf, Konflikte im Privatleben, Geldsorgen, ungünstiges Freizeitverhalten (zuviel action!) aber auch ständiger Stress durch gesundheitliche Probleme. Und da können Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die den Körper in eine ständige Abwehrhaltung versetzen, durchaus eine große Rolle spielen.
Zudem können Störungen der Darmfunktion, u.a. bedingt durch die anatomische Nähe des Darmes zur Lendenwirbelsäule, Beschwerden in der Lendenwirbelsäule, bzw. deren Muskulatur verursachen.
Eine Behandlung des Zähneknirschens durch speziell ausgebildete Therapeuten und Ärzte, oft in extra für die CMD errichteten Netzwerken, die alle möglichen Ursachen der CMD beleuchten können ist daher sicher sinnvoll.
Zusätzlich sollte in Ihrem Fall natürlich die Nahrungsmittelunverträglichkeiten behandelt werden, was meisten durch eine mehrmonatige Nahrungskarenz und anschließendes langsames Gewöhnen an das Nahrungsmittel geschieht. Bei Lactose- und Fructoseunverträglichkeit kann es auch sein, dass diese lebenslang gemieden werden sollten.

Ich wünsche Ihnen gute Besserung
Ihr Dr. med. Frank Stehn

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27.05.2013, 20:05 Uhr
Kommentar

Hallo Herr Dr. Stehn,

vielen, vielen Dank für Ihre sehr ausführliche Antwort! Hat mich sehr gefreut.

Verstehe ich Sie richtig, dass Sie meinen, die Nahrungsmittelunverträglichkeiten könnten meinen Körper quasi in eine Abwehrhaltung versetzen und dadurch bedingt könnte auch das Knirschen und wiederum dadurch die Verspannungen bedingt sein?
Ich bin schon oft gut beschäftigt (mache in 2 Semestern Examen, schreibe gerade Zulassungsarbeit usw), fühle mich aber nicht absolut überlastet, habe auch keinen Ärger im Privatleben oder Geldsorgen. Evtl. habe ich auch in der Freizeit etwas viel Action, fühle mich aber nicht belastet dadurch. Mein Zahnarzt meinte, ich hätte keine ungünstigen Zahnstellungen, Kronen/Brücken/Implantate habe ich überhaupt nicht. Vielleicht liegt es tatsächlich an den Unverträglichkeiten?!

Ja, die Karenzphase habe ich schon "überstanden". Darf mich nun langsam herantasten, wobei für mich dummerweise die Fructose das größere Problem darstellt, diese aber ja schlechter zu meiden ist, ohne sich total einseitig zu ernähren.

Meine Physiotherapeutin meinte, ich hätte eigentlich schon viel eher kommen sollen und hätte zu lange gewartet. Wäre alles total hart und verspannt und es war auch wirklich sehr langwierig (wie gesagt: fast 40 Stunden!!!) bis sich was getan/"gelockert" hat. Mein Becken war am Anfang auch total verdreht, meinte sie. Das hat sie dann auch irgendwie "eingerenkt". Nur habe ich das Gefühl, dass das Ganze jetzt, 3 Monate nach der letzten Therapie, schon wieder anfängt. Würden Sie mir empfehlen, mir vom Zahnarzt wieder welche verschreiben zu lassen oder hätten Sie eine andere Empfehlung?

Viele Grüße und dankeschön!

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30.05.2013, 23:37 Uhr
Kommentar von Experte-Stehn

Sehr geehrte Blümchen06,

ausgeprägte Nahrungsmittelnverträglichkeiten (NMU) können durchaus den Streßpegel erhöhen. Nach meiner Erfahrung führen diese allein aber nicht zu Zähneknirschen und/oder -pressen, können dieses aber verstärken. Es ist also auch in Ihrem Fall sinnvoll, die NMU zu reduzieren.
Ob die NMU in Ihrem Fall der entscheidende Faktor für die CMD ist, kann ich nicht beurteilen. Meistens sind doch irgendwo in der persönlichen Lebensführung Dinge verborgen, die einerseits den Streßpegel erhöhen und andererseits den Abbau schädlichen Stresses verhindern. Hiernach zu forschen ist auch eine persönliche Aufgabe, die ich Ihnen nicht abnehmen kann. In speziell eingerichteten CMD-Zentren sitzen jedoch auch meist Fachleute, die Ihnen bei dieser Aufgabe helfen können.
In der Zwischenzeit sollten Sie durchaus weiter Physiotherapie machen, die Ihnen hilft, die Verspannungen und Verdrehungen in Wirbelsäule und Becken zu lösen.

Hierzu wünsche ich Ihnen viel Erfolg
Ihr Dr. med. Frank Stehn

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03.06.2013, 22:04 Uhr
Kommentar

Sehr geehrter Herr Dr. Stehn,

vielen Dank für Ihre erneute Rückmeldung und genaue Erklärung!

Werde mir Ihre Ratschläge zu Herzen nehmen.

Viele Grüße!

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