Frau mit Skoliose beim Arzt
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Behandlung mit Krankengymnastik oder Korsett

Skoliose: Verkrümmung der Wirbelsäule

Von: Yannis Diener (Medizinautor)
Letzte Aktualisierung: 18.03.2024 - 09:58 Uhr

Skoliose ist eines der häufigsten orthopädischen Krankheitsbilder. Mit dem Begriff wird eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule bezeichnet, die auf Dauer zu Beschwerden wie Rückenschmerzen führen kann. Zur Behandlung können neben Krankengymnastik auch ein Korsett oder eine OP zum Einsatz kommen, um einer Verschlimmerung vorzubeugen. Doch was ist Skoliose überhaupt und was kann man dagegen tun?

Was ist eine Skoliose?

Skoliose ist eine Wachstumsdeformität (wachstumsbedingte Fehlbildung) der Wirbelsäule, welche in jedem Alter vorkommt, also sowohl kleine Kinder als auch ältere Erwachsene betreffen kann. Normalerweise würde die Wirbelsäule (von hinten betrachtet) vom Kopf bis zum Becken eine gerade Linie bilden, bei der die Wirbelkörper übereinanderstehen. Bei der Skoliose kommt es aber zu einer krankhaft seitlichen Verbiegung und Verdrehung.

Bildlich gesprochen kann man sich ein Seil vorstellen, das zwischen zwei Punkten fixiert ist und gerade verläuft. Nun übt man aber an einer oder mehreren Stellen einen seitlichen Zug auf das Seil aus, sodass dieses sich verbiegt und in sich verdreht, wobei die zwei Enden sich näherkommen. Dies passiert in unserem Körper meist durch noch unbekannte Ursachen und führt zu dem Krankheitsbild der Skoliose.

Arten von Skoliose

Die Skoliose ist ein sehr vielseitiges Krankheitsbild, weshalb es verschiedene Einteilungsmöglichkeiten für sie gibt. Eine der häufigsten ist die Einteilung nach dem Alter, in dem die Skoliose zum ersten Mal auftritt:

  • Infantile Skoliose: vor dem dritten Lebensjahr
  • Juvenile Skoliose: zwischen dem vierten und dem zehnten Lebensjahr
  • Adoleszenzskoliose: zwischen dem elften und achtzehnten Lebensjahr
  • Adulte Skoliose: Skoliose, die erst im Erwachsenenalter auftritt, nachdem das Wachstum der Wirbelsäule schon abgeschlossen ist

Darüber hinaus gibt es die Säuglingsskoliose, die meist bereits durch eine Fehlhaltung im Mutterleib entsteht.

Ebenso möglich ist eine Einteilung der Skoliose nach der Krümmung. Hierbei wird die Skoliose nach dem Hauptkrümmungsort, also der Stelle mit der größten Verschiebung, eingeteilt:

  • Thorakal: Zwischen dem sechsten und zwölften Brustwirbelkörper
  • Thorakolumbal: Zwischen dem zwölften Brustwirbelkörper und dem ersten Lendenwirbelkörper
  • Lumbale Skoliose: zwischen dem zweiten und vierten Lendenwirbelkörper
  • Mischform: thorakal und lumbal

Skoliose: Wer ist betroffen?

Die häufigste Form der Skoliose ist mit circa 90 Prozent die Adoleszenzskoliose. Meistens sind die Kinder zwischen zehn und zwölf Jahre alt, wenn bei ihnen zum ersten Mal die Diagnose Skoliose gestellt wird. Bei der Adoleszenzskoliose liegt eine rechtskonvexe Krümmung im thorakalen Bereich vor, die Wirbelsäule ist also im Bereich der Brustwirbelsäule nach rechts verschoben. Mädchen haben ein erhöhtes Risiko und sind sechsmal häufiger betroffen als Jungs.

Neben der Skoliose, die sich im Kindesalter manifestiert, kann sich eine Skoliose auch durch Umbauprozesse an der Wirbelsäule im höheren Alter ausprägen. Nach einer Studie sind 68 Prozent der 60- bis 90-Jährigen von einer Form der Skoliose betroffen.

Wie entsteht Skoliose?

Die Ursache einer Skoliose ist in etwa 85 Prozent der Fälle nicht auszumachen (idiopathische Skoliose). In den seltensten Fällen liegt eine sekundäre Ursache vor. Ein Beispiel ist die Erweichung des Knochens bei Kindern (Rachitis), die meistens durch einen Vitamin-D-Mangel ausgelöst wird. Durch diese fehlende Mineralisation des Knochens kommt es zu der beschriebenen Wachstumsdeformität bei Skoliose.

Eine weitere Ursache einer sekundären Skoliose ist das Marfan-Syndrom. Bei dieser Erbkrankheit kommt es zu einem Defekt im Bindegewebe. Durch das schnelle Körperwachstum in der Jugend ist es wahrscheinlicher, eine Skoliose zu entwickeln.

Wie äußert sich eine Skoliose?

Betrachtet man die Wirbelsäule von der Seite, so weist die Wirbelsäule eine doppelte „S“- Form auf. In dieser natürlichen Form der Wirbelsäule wölben sich die Hals- und Lendenwirbelsäule nach vorne (Lordose) und die Thorakal- und Sakralwirbelsäule (das Kreuzbein) nach hinten (Kyphose).

Von hinten betrachtet stehen die einzelnen Wirbelkörper aber in einer geraden Linie vom Hals bis zum Becken übereinander. Bei der Skoliose kommt es aber zu einer seitlichen Verbiegung der Wirbelsäule und einer Verdrehung der Wirbelkörper an sich. Sieht man sich die Wirbelsäule zum Beispiel im Röntgen an, so erkennt man, dass die Wirbelsäule deutlich gekrümmt ist. Dadurch kommt es zu einer sichtbaren Deformität des Körpers.

Häufig zu sehen, gerade bei ausgeprägten Skoliosen, ist ein sogenannter Schulterhochstand. Das bedeutet, dass durch die Verformung der Wirbelsäule eine Schulter deutlich höher steht als die andere.

Neben dem Schulterhochstand gibt es noch weitere mit bloßem Auge sichtbaren Merkmale. Dazu gehören ein schief stehendes Becken (Beckenschiefstand) und der sogenannte „Rippenbuckel“. Diesen kann man am deutlichsten sehen, wenn Betroffene sich nach vorne beugen. Durch die Wachstumsdeformität zeichnen sich die Rippen auf einer Seite wesentlich deutlicher ab als auf der anderen.

Diese Deformitäten sind auch die ersten Anzeichen, an denen man eine Skoliose erkennen kann. Schmerzen treten, gerade im Kindesalter, selten auf.

Skoliose-Symptome bei Erwachsenen

Im Erwachsenenalter unterscheiden sich die Symptome je nach Hauptausprägungsort der Skoliose.

Bei Skoliosen im lumbalen Bereich kommt es eher zu Rückenschmerzen, während es bei Skoliosen im Brustbereich es zu Herz- und Lungenproblemen kommen kann.

Durch die Verdrehung der Wirbelsäule im Brustwirbelbereich (BWS) wird der Thorax (Brustkorb), in dem Herz und Lunge liegen, kleiner. Dies hat zur Folge, dass es zu einer Ventilationsstörung in der Lunge kommt, was als Langzeitfolge ein vergrößertes Herz und damit eine Herzinsuffizienz hervorrufen kann.

Säuglingsskoliose – eine Sonderform der Skoliose in der frühesten Kindheit

Während bei allen anderen Formen der Skoliose die Wirbelsäule rechtskonvex gedreht ist, ist sie bei einer Säuglingsskoliose nach links gedreht (linkskonvexe Skoliose), wodurch eine C-förmige Verkrümmung der Wirbelsäule entsteht. Auffallend sind bei den betroffenen Kindern ein Schiefhals und ein verbreiterter Rumpf.

Die Prognose ist allerdings sehr gut, da sich diese Skoliose bei den meisten Kindern in den ersten Jahren wieder zurückbildet. Ein wichtiger Therapieansatz ist dabei die Bauchlagerung von Babys. Durch diese wird die Wirbelsäule in eine Extensionsstellung – also eine gestreckte Haltung – gebracht, was eine weitere Torsion (Verdrehung) und damit eine Verschlimmerung der Skoliose verhindert.

Wie diagnostiziert ein Orthopäde eine Skoliose?

Eine Skoliose verursacht selten Schmerzen und Betroffene können über die Muskeln einige Fehlstellungen ausgleichen. Trotzdem kann eine körperliche Untersuchung einen ersten Anhalt bieten. Bei Verdacht auf Skoliose wird der Arzt den Patienten bitten, den Oberkörper frei zu machen und sich nach vorne zu beugen. Dadurch kann man die Kontur der Wirbelsäule besser erkennen. Auch wird so ein Rippenbuckel deutlicher.

Den genauen Krümmungsgrad bei einer Skoliose kann der Orthopäde aber nur durch eine großformatige Röntgenaufnahme der gesamten Wirbelsäule bestimmen. Hierbei wird in der Diagnostik der sogenannte Cobb-Winkel errechnet. Dieser gibt die stärkste seitliche Krümmung der Wirbelsäule an. Anhand dieses Cobb-Winkels erfolgt auch die Entscheidung, welche Therapie die Beste für den Patienten ist.

Therapie: Was tun bei Skoliose?

Um die geeignete Behandlung festzulegen, muss zunächst ermittelt werden, ob sich die Skoliose aufgrund einer anderen Erkrankung ausgebildet hat (sekundäre Skoliose). Ein Beispiel wäre eine durch eine Rachitis ausgelöste Skoliose. Bei der Rachitis kommt es durch einen Mangel an Vitamin D zu einer Instabilität der Knochen. Die Gabe von Vitamin D kann in diesem Fall also auch die Skoliose beheben.

Solche Fälle sind aber sehr selten, da meist keine Ursache für eine Skoliose gefunden werden kann. Nach den Leitlinien zur Behandlung kann man die Betroffenen in verschiedene Gruppen einteilen. Je nach Ausprägung des Krümmungsgrades erfolgt bei der idiopathischen Skoliose die entsprechende Behandlung:

  • Cobb-Winkel unter 20°: Krankengymnastik und Physiotherapie
  • Cobb-Winkel zwischen 20 und 50°: Zusätzlich zur Krankengymnastik wird hier ein Korsett eingesetzt
  • Cobb Winkel über 50°: Ab dieser Ausprägung sollte eine OP erfolgen

In der Therapie der Skoliose ist ein ganz wichtiger Aspekt die Vermeidung einer Operation, welche nur in schweren Fällen erfolgen sollte. Skoliose ist nicht heilbar. Es gibt kein Medikament, welches Skoliose rückgängig machen kann. Das Ziel der Therapie ist daher, eine weitere Verkrümmung der Wirbelsäule und die damit einhergehenden Folgen zu vermeiden.

Krankengymnastik – wirkungsvoll, wenn die Skoliose früh erkannt wird

Gerade wenn die Skoliose noch nicht sehr stark ausgeprägt ist, sind die Chancen am größten, einer Verschlechterung des Cobb-Winkels vorzubeugen. Hierfür wird die Krankengymnastik eingesetzt. Mit den Übungen soll die Fehlstellung durch gezieltes Anspannen von Muskelgruppen ausgeglichen werden.

Eines der bekanntesten Therapie-Prinzipien ist die Schroth-Methode, welche in den 1920er-Jahren von Katharina Schroth entwickelt wurde. Bei den Übungen geht es um die Korrektur der Fehlstellung und um eine Haltungsschulung, um einer OP vorzubeugen.

Auch wenn viele Patienten von einer Besserung durch Physiotherapie berichten, so gibt es kaum Studien, die einen positiven Effekt zweifellos nachweisen können.

Welcher Sport ist bei Skoliose geeignet?

Sport ist generell empfehlenswert – auch mit Skoliose kann und sollte man sportlichen Aktivitäten nachgehen, da Sport entscheidend die Rückenmuskulatur stärken kann. Schwimmen und Joggen sind dabei ideale Sportarten.

Es gibt nur wenige Sportarten, die man bei Skoliose besser vermeiden sollte. Zu plötzliche und extreme Kraftentfaltung, wie zum Beispiel bei Gewichtheben, gilt bei einer Skoliose als nicht förderlich.

Korsett verzögert die Verschlechterung der Skoliose

Korsetts sind zwar keine beliebte Therapie, vor allem bei jungen Betroffenen. Doch gerade bei ausgeprägten Skoliosen bieten Korsetts einen sehr effektiven Schutz, damit sich die Skoliose während den Wachstumsschüben in der Pubertät nicht verschlechtert.

Der große Vorteil von Korsetts ist die bewiesene Effektivität. Ab einer Tragezeit von mindestens dreizehn Stunden täglich konnte eine spätere Operation in 93 Prozent der Fälle verhindert werden. Idealerweise wird ein Korsett 23 Stunden am Tag getragen und nur zur Körperpflege ausgezogen. Diese Maßnahme aber in die Realität umzusetzen, stellt sich aber häufig schwierig dar.

Operation: nur im Extremfall ratsam

Beträgt der Cobb-Winkel über 50°, muss in der Regel operiert werden. Auch wenn die Skoliose im Kindesalter trotz konservativer Therapie zu stark voranschreitet, kann eine OP die letzte Möglichkeit sein.

Bei der Operation gibt es verschiedene OP-Techniken, die alle zum Ziel haben, die Verkrümmungs- und Rotationsfehlstellung zu korrigieren. Dabei können beispielsweise einige Wirbelsäulensegmente fixiert werden (Spondylodese), wodurch eine Bewegungsminderung nach der OP entsteht. Nach Möglichkeit wird versucht, die Wirbelsäulensegmente im Übergang zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule zu fixieren, da hier die Bewegungseinschränkung am geringsten ist.

Wie jede OP birgt auch diese Risiken. Durch die Nähe zum Rückenmark kann es in seltenen Fällen zu einer Verletzung der Nervenbahnen kommen, was im schlimmsten Fall zu einer Querschnittslähmung führen kann.

Komplikationen und Folgen der Skoliose

Werden nicht rechtzeitig Maßnahmen zur Behandlung einer Skoliose ergriffen, können die Folgen auf lange Sicht gesundheitsbedrohlich sein. Nach dem Abschluss der Wachstumsphase kann eine idiopathische Skoliose nicht mehr konservativ behandelt werden.

Patienten, die eine sehr ausgeprägte Skoliose mit einem Cobb-Winkel von über 50° haben, besitzen einen zu kleinen Thorax, also einen zu engen Brustkorb. Dadurch kann es zu Lungen- und Herzproblemen kommen, die im schlimmsten Fall lebensverkürzend sind.

Vorbeugung: Regelmäßige Kontrolle ist die wichtigste Maßnahme

Die schweren Formen der Skoliose sind sehr selten. Allerdings lässt sich auch eine idiopathische Skoliose bislang nicht verhindern. Man kann nur möglichst früh durch ein zeitnahes Erkennen und die richtige Therapie das Voranschreiten der Skoliose eindämmen. Bei betroffenen Kindern mit einem Cobb-Winkel von unter 20° sollten regelmäßige Röntgenkontrollen in Abständen von vier bis sechs Monaten durchgeführt werden.

Bei Erwachsenen liegt in der Regel eine adulte Skoliose vor, die man nur noch symptomatisch behandeln kann. Bei Rückenschmerzen empfiehlt es sich dann, Schmerzmedikamente wie Ibuprofen einzunehmen und in extremen Fällen kann auch hier eine OP erfolgen. Jedoch ist die Skoliose bei den meisten Erwachsenen so gering ausgeprägt, dass diese sie noch nicht einmal bemerken.